Ich fahre noch im Dunkeln los. Das Ziel liegt knapp 250 km entfernt an der Küste.
Ich fahre das erste Drittel Landstraße. Um mich herum erwacht die Stadt, Menschen auf dem Weg zur Arbeit, erste Lieferwagen. Aus der Stadt raus, der Morgennebel wird langsam sichtbar und steigt aus den Wiesen auf. Ich fahre hinter einem LKW die Landstraße entlang. Langsam wird es heller aber es ist bewölkt. Aus dem Lautsprecher höre ich BAP – Live - Bess Demnähx 1983 , vierzig Jahre alt. Entspanntes Fahren mit achtzig hinter dem LKW. Auf einmal wird der Abstand größer, nicht der LKW wird schneller, ich werde langsamer... ah eine leichte Anhöhe ich muss runterschalten um den Anschluss zu halten. Das Bling vom Handy reisst mich aus den Gedanken, eine gute Erinnerung um mal anzuhalten und sich zu strecken und ein kleines Frühstück zu essen und etwas zu trinken.
Die Wolken werden lichter und ich fahre weiter. Wieder auf der Straße. Vor mir eine Schlange die sich hinter einer landwirtschaftlichen Maschine gebildet hat, statt mit achtzig geht es mit vierzig voran. Einer nach dem anderen müht sich ab beim Überholen. Jetzt nach geschätzt zehn Minuten bin ich direkt hinter der Kiste, es stinkt, hat wohl Gülle geladen. Ich überlege noch ob ich auch versuchen sollte zu überholen, da geht der Blinker vor mir an und das Fahrzeug biegt ab. Jetzt bin ich der Langsame am Anfang der Schlange.
Aber da geht es in eine Siedlung rein, in der Mitte eine Ampel und die Hälfte der Autos die mühevoll überholt haben steht vor mir an der Ampel. Es geht weiter, auf der Landstraße, rechts neben mir, abgetrennt durch einen mit Bäumen bestandenen Grünstreifen, ein Radweg. Kinder auf Fahrrädern mit Schulranzen auf den Rücken fahren zur Schule. Im nächsten Ort eine Bäckerei. Eine kleine Schlange vor dem Eingang, Handwerker die sich ihr Frühstück kaufen. Wieder Landstraße. Ich kann wieder entspannt im Windschatten hinter einem LKW herfahren. Meine Gedanken schweifen, aus dem Lautsprecher kommt nicht mehr BAP sondern Angelo Branduardi auch ewig alte Musik.
Jetzt geht es auf die Autobahn, hinter einem LKW im fünften Gang bei etwas über achtzig km/h. Der Motor schnurrt. Ich stelle mir vor ich wäre schon auf der Reise. Mir kommt die Textzeile von Peter Fox in den Sinn "Wenn ich so daran denke kann ich's eigentlich kaum erwarten"
Noch 10km. Mein Handy schaltet sich aus, Akku leer. Bis hier hätte ich es ohne Navi geschafft jetzt brauch ich es. Eine Karte habe ich natürlich nicht mehr dabei, die Zeiten sind vorbei. Aber ich habe noch ein zweites Handy dabei, das hat Probleme mit dem GPS aber bis zum Ziel reicht es. Angekommen.
Ich gebe mein Womo in der Werkstatt ab, setze meinen Rucksack auf und gehe zur Bushaltestelle. Der Bus soll in 10 Minuten fahren, perfektes Timing. Noch schnell die Fahrkarte online kaufen... aber das Internet ist schwach, ok 10 m weiter reicht der Empfang.
In der Nähe der Bushaltestelle steht eine Gedenktafel die an "die Odyssee von 1947" erinnert. Die Britische Regierung hatte jüdische Flüchtlinge zurück nach Deutschland geschickt. Dort mussten sie in Kasernen ausharren.
Der Bus kommt pünktlich. Am Ziel angekommen frage ich mich wo der Bahnhof ist. Er soll direkt an der Bushaltestelle sein. Es ist ein Einkaufszentrum durch das man durch muss zu den Gleisen, Bahnhof steht nicht dran. Also nicht ein Bahnhof mit Geschäften sondern Geschäfte hinter denen die Bahnsteige sind. Die Weiterfahrt läuft pünktlich ab nur leider muss ich in einem der drei Züge 20 min stehen.
Noch 15 min bis zum Einfahren in den Zielbahnhof. Ich merke das ich beim Bahnfahren nicht so gut abschalte wie bein cruisen auf der Landstraße. Die Landschaft fliegt an mir vorbei aber ich nehme sie nicht so war wie beim Fahren mit dem Womo. Das Fenster kann nicht geöffnet werden die Luft nicht ins Fahrzeug strömen.